Montag, 30. November 2009

Meer und Berge

Ob Kapstadt sich zwischen zwei Ozeanen erstreckt, ist, wie bereits erwähnt, Definitionssache und allgemein umstritten. Fest steht aber zumindest, dass die Stadt von mehreren Seiten vom Meer umgeben ist und fast an jedem Abend ein herrlicher Sonnenuntergang erlebt werden kann. Dazu gibt es mehrere interessante Orte, von denen man die Sonne im Meer versinken sieht. In Camps Bay kann man sich gemütlich in ein Café oder eine Strandbar setzen und dazu einen Cocktail genießen. Vom Signal Hill hat man dazu einen schönen Blick über die Stadt und der Aussichtspunkt ist leicht mit dem Auto zu erreichen. Wer dagegen noch etwas höher hinaus will, steigt auf den Lion’s Head und gönnt sich dort eine Flasche mitgebrachten Weins. Vor allem bei Vollmond ist der Berg voller Menschen, die danach im Mondschein den Weg nach unten finden müssen. Vom Bloubergstrand aus hat man wohl den besten Blick auf den Tafelberg. Eine weitere Option, die wir letzte Woche ausprobiert haben, ist eine Fahrt mit dem Segelschiff in den Sonnenuntergang. Mit einem Katamaran starteten wir gegen halb sieben Hafen an der Waterfront und fuhren heraus in Richtung Bloubergstrand. Vom Wasser hatte man auf der zweistündigen Tour einen einmaligen Blick auf den von der Sonne angestrahlten Tafelberg, bevor man diese langsam im Meer versinken sehen konnte. Die bereits gute und entspannte Stimmung an Bord wurde dazu noch durch die kostenlose Sektverköstigung gehoben; erstaunlicherweise ohne dass einer der Beteiligten in’s Wasser fiel.

Am Samstag starteten wir mit unserem zuverlässigen und vielfach beanspruchten Atos zu unserem nächsten Wochenendtrip. Nach den Bergen in der Vorwoche ging es diesmal an die Küste, genauer gesagt in den West Coast National Park, nur 100 km nördlich von Kapstadt. Neben einzigartiger Flora und Faune, die mich nicht sehr zu begeistern vermochte, gibt es dort eine Lagune, in der man auch in kühleren Monaten als jetzt baden gehen kann. Allerdings musste man dafür bereits circa hundert Meter zurücklegen, bis das Wasser einem nicht mehr nur bis zu den Knien ging. Am Sonntag besuchten wir dann Paternoster, ein verschlafenes kleines Dorf, aber laut übertriebener Anpreisung unseres Reiseführers das St. Tropez Südafrikas. Immerhin war es ganz nett anzusehen, da sämtliche Häuser in weiß getüncht sind. Insgesamt haben mir die Cederberge besser gefallen, aber das ist wohl Geschmackssache und unser Deal war, ein Wochenende zu wandern und eines am Strand zu verbringen.
Immerhin konnte ich so meine Beachballfähigkeiten mit meinem Mitfahrer und ebenfalls Tennisspieler verbessern. Meiner Meinung nach sollte ich in der neuen Saison am Netz unüberwindbar sein.

Absoluter Höhepunkt des Wochenendes war allerdings der Samstag Abend im Restaurant "De Strandlopers". Spontan kam uns die Idee, statt des geplanten Grillens in unserem Backpackerhostel auch einmal Fisch essen zu gehen. Was uns dann aber im "De Strandlopers" serviert wurde, übertraf alle Erwartungen. Tische und Stühle waren unter provisorischen Hütten am Strand aufgestellt, rund um mehrere Feuerstellen und Steinöfen, in denen frisches Brot gebacken und Fische gebraten wurden. Allein mit dem Brot hätte man sich den Bauch vollschlagen können, aber dies wäre wiederum zu schade gewesen. Denn für den gezahlten Preis gab es sage und schreibe zehn Gänge unterschiedlicher Meeresspeisen, von Muscheln über Paella, Seeroseneintopf, mehreren verschiedenen Fischen und anderem Getier. Dabei wurden die Gerichte nicht nur teilweise vor unseren Augen auf dem Feuer zubereitet, sondern man
konnte auch von allem essen, so viel man wollte. Wie ihr euch vorstellen könnt, war es gar nicht so einfach, sich zurückzuhalten, um nicht schon nach drei Gängen genug zu haben und trotzdem verließen wir sichtbar vollgefressen nach drei Stunden das Lokal, ohne unsere mitgebrachten Weinflaschen vor lauter Essen aufgebraucht zu haben.

Um die Kalorien wieder abzutrainieren, ging es am Montag auf eine ausgedehnte Tafelbergwanderung. Der schnellste Weg auf die Spitze führt, abgesehen von der Gondelfahrt, durch die Plattecliff Gorge, einem steilen und direkten Weg mit hohen Stufen, der in zwei Stunden zu schaffen ist. Wesentlich schöner und sanfter ansteigender ist jedoch der Aufstieg von der Rückseite des Berges von Kirstenbosch aus, durch den dortigen Botanischen Garten. Allerdings waren wir etwas empört, als wir für diesen auch noch 35 Rand Eintritt zahlen sollten. Da mich die Blumen und Pflanzen wenig bis gar nicht interessierten und wir einen für südafrikanische Verhältnisse lächerlich gesichterten Holzzaun entdeckten, fiel die Entscheidung daher nicht schwer, auf elegante Art etwas Geld zu sparen. Der Weg führte dann auf die Ostflanke des Tafelbergs, von wo es auf dem Plateau in 1000 Meter Höhe mit phantastischem Blick über Kapstadt und Umgebung zur Westspitze und Gondelstation ging. Nach dem Abstieg über Camps Bay kamen wir nach siebeneinhalb Stunden geschafft, hungrig und mit etwas Sonnenbrand wieder in unserem Guesthouse an.

Mittwoch, 18. November 2009

Vor Wupperthal stecken geblieben



Nachtrag zum afrikanischen Grillteller: Zu meiner Speisekarte kann ich nun auch Zebra und Impala hinzufügen.
Nach über einer Woche durchwachsenem Wetter ist es nun endlich wieder sommerlicher geworden. Das gab uns am Wochenende die Gelegenheit, Kapstadt einmal zu verlassen und in die 200 km weiter nördlich gelegenen Cederberge zu fahren. Mit genug Grillfleisch und Weinflaschen ausgestattet, machten wir uns zu viert auf in eine wenig besiedelte und schlecht erschlossene, dafür aber landschaftlich umso reizvollere Region, in der man hauptsächlich wunderschöne Wanderungen unternehmen kann. Quartier nahmen wir in einem Achtbettzimmer im Backpackerhostel für gerade einmal 7 Euro, in dem der Besitzer scheinbar selbst jeden Abend mit seinen Gästen an der Theke verbringt.

Nachdem wir Sack und Pack dort einmal abgestellt hatten, fuhren wir weiter nach Glenwilliam zum „Sevilla Rock Art Trail“. Wie der Name bereits vermuten lässt, kam hier der Kunstliebhaber ganz auf seine Kosten. Besser gesagt, der archäologische Kunstliebhaber, denn der Weg führt in mehreren Stationen zu Felszeichnungen und Höhlenmalereien, die die San, frühe Bewohner des Kaps, der Nachwelt hinterlassen haben. Insgesamt wahrscheinlich nur aufgrund ihres Alters spektakulär und man kann sich nie sicher sein, ob die heutige Touristenindustrie nicht mit etwas Farbe die Kunstwerke vor dem Verblassen rettet. Da wir den nur 4 km langen Weg und sämtliche Malereien relativ schnell bewältigt hatten, beschlossen wir danach, nach Wupperthal zu fahren. Jawoll, richtig gelesen! In Südafrika befindet sich eine kleine Ortschaft namens Wupperthal, die sogar 99 Jahre älter als ihr Namensvetter in Deutschland ist. Im 19. Jahrhundert machten sich zwei Missionare aus dem Bergischen Land auf den Weg an’s Kap und fanden im Landesinneren ein Tal vor, das sie stark an ihre Heimat erinnerte. Ein passender Name war also gefunden, und das lange bevor in Deutschland die Stadt Wuppertal aus dem Zusammenschluss von Barmen und Elberfeld entstand. Heute besteht die Siedlung noch aus einer Anzahl typischer reetgedeckter Häuser und hat 4.000 Einwohner, die hauptsächlich traditionelle Feldschuhe und Rooibostee herstellen
Allerdings scheint auch sonst die Zeit in diesem Tal stehengeblieben zu sein, denn die Straßen sind wohl eher mit dem Ochsenkarren zu befahren und verdienen teilweise ihre Bezeichnung nicht. Gerade die Cederberge sind eine Region, in der man ohne Jeep oft nur mit größten Schwierigkeiten vorankommt. Und so quälten wir uns und unseren Hyundai Atos mit gutem Willen über Buckelpisten, auf denen man oft nur 30 km/h fahren konnte über mehrere Kilometer und einen Pass in Richtung Wupperthal. Doch nachdem knapp 20 km vor dem Ziel die Landschaft noch einsamer und die Straße noch schlechter wurde, beschlossen wir (vor allem ich) schweren Herzens, doch auf die Tortur zu verzichten und die Rückreise vor dem Dunkelwerden anzutreten. Ein weiterer Grund zumindest für mich, noch einmal nach Südafrika zurückzukehren.

Am Sonntag dann quälten wir uns erneut durch schlechte Straßen zum Ausgangspunkt einer Wanderung. Die Cederberge sind ein echtes Wanderparadies. Von den Pässen hat man grandiose Aussichten und bizarre Steinformationen, die im Laufe der Jahre von Wind und Wetter geformt wurden, machen einen Ausflug zu Genuss für die Augen. Eines der bekanntesten Gebilde ist dabei das Malteser Kreuz, ein ca. 15 Meter hoher Fels in Gestalt eines Kreuzes, der recht einsam in der Landschaft steht. Dieser war Ziel und zugleich Belohnung einer sehr schönen fünfstündigen Wanderung. Anschließend ging es wieder zurück nach Kapstadt und man kann unserem kleinen Atos nur dazu beglückwünschen, dass er ohne in sämtliche Einzelteile zu zerfallen den Ausflug überlebt hat.

Dienstag, 17. November 2009

Safari und afrikanischer Grillteller

Ein kleiner Nachtrag zum letzten Blog und Bestätigung des Sprichworts, dass man den Teufel nicht an die Wand malen sollte: Jetzt bin ich doch noch Opfer eines Diebstahls geworden. Während ich bei Freunden zu Besuch war, wurde die Scheibe meines Wagens eingeschlagen und sowohl mein Rucksack als auch meine gerade gemachten Einkäufe entwendet. Glücklicherweise befanden sich keine wichtigen oder wertvollen Gegenstände darunter, so dass sich der Täter zumindest geärgert haben muss. Wenigstens erfreut sich aber nun eine Townshipfamilie an Nutella und einem ganzen Netz Orangen. Als ich am folgenden Tag zur Werkstatt fuhr konnte ich zudem anhand der Vielzahl der dort stehenden Wagen feststellen, dies ich nicht der Einzige Kapstädter war, dem so ein Malheur passiert ist. Einige aus meinem Haus waren aufgrund dieser Geschichte auch wieder etwas beunruhigt, aber meiner Meinung nach würde ich auch eine Erfahrung missen, wenn ich nach drei Monaten ohne irgendwelche Vorkommnisse aus Afrika wieder abreisen würde.

Ansonsten reise ich weiterhin viel herum oder liege bei gutem Wetter (was wir allerdings seit einer Woche nicht mehr haben) am Strand. Nach unserer Surfstunde neulich fuhren wir dazu nach Nordhoek, einem traumhaften Strand wenige Kilometer östlich von Kapstadt. Der Sand war unglaublich weiß und erstreckte sich über eine lange Strecke und das Meer war so türkisfarben, wie man es sich sonst nur in der Karibik vorstellt. Kurz nachdem wir es uns gemütlich gemacht hatten, tauchte dann auch noch vor der Küste ein Wal auf und vollführte mehrere tollkühne Sprünge. Mit Sonne vollgetankt machten wir uns später auf den Heimweg und konnten dabei zum ersten Mal über den Cheapman’s Peak Drive, der schönsten und spektakulärsten Küstenstraße Südafrikas fahren, der bis dahin gesperrt gewesen war. Leider hatte ich keine Kamera dabei, werde aber demnächst bestimmt nochmal vorbeifahren und tolle Bilder schießen können.

Samstag vor einer Woche stand dann eine typische afrikanische Tour an – Safari. Zwei Stunden von Kapstadt entfernt gibt es mehrere Reservate, wo die Tiere zwar auch eingezäunt, aber in einem relativ großen Gebiet leben, so dass sie ihre natürliche Lebensweise führen und gleichzeitig von Touristen besichtigt werden können. In einem Jeep ging es mit unserem Führer für zweieinhalb Stunden durch die Gegend, immer Ausschau haltend nach Tieren. Die Löwen, die ein eigenes Gehege hatten, waren leider nur aus relativ weiter Entfernung zu sehen, da unser Führer nicht sicher war, wo das dritte Tiere sich versteckte und Löwen gerne mal einen Jeep voller Menschenfleisch angreifen, wenn man ihnen zu nahe kommt. Daneben sahen wir Giraffen, Zebras, Springböcke, Bullen, Strauße und Kudus. Sehr viel näher als an die Löwen konnten wir hingegen an die Geparden ran, da diese relativ friedlich reagieren und keine Menschen angreifen, da wir zu groß sind und nicht mehr in ihr Beuteschema passen. Vergesst nicht die Fotos von diesem Trip in der Galerie anzuschauen.

Dieses Wochenende generell war ein sehr „tierreiches“, denn aufgrund des Dauerregens besuchten wir am Sonntag das Two-Oceans-Aquarium in Kapstadt. Neben allerlei Meeresgetier und Fischen war das wohl Interessanteste ein großes Becken, in dem mehrere Haie, Schildkröten und Rochen schwammen. Um das Becken konnte man in einem Tunnel herumgehen, so dass man die Haie ca. einen halben Meter an sich vorbeischwimmen sah. Entgegen allen Vorurteilen sind allerdings nur 40 der rund 180 Haiarten gefährlich für den Menschen und die dort gehaltenen Artgenossen zählen nicht zu den Menschenfressern. Daher konnten wir auch bei der Haifütterung beobachten, wie zwei Taucher in das Bassin stiegen und vom Grund aus die Haie, Schildkröten und Rochen fütterten, während ein Aquariumsmitarbeiter interessante Details über die Tiere erzählte. Ein erstaunlicher Fakt war unter anderem, dass pro Jahr lediglich ca. 9 Menschen durch Haie getötet werden, aber bereits rund 500 durch defekte Toaster! Angeboten wurde den Besuchern auch, demnächst einmal mit den Tauchern in das Becken zu steigen, aber leider ist dafür ein Tauchschein vonnöten.
So viele Tiere zu sehen macht natürlich hungrig. Abends ging es daher in ein afrikanisches Restaurant, wo ich von einer Art afrikanischen Grillteller Krokodil, Springbock, Kudu und Strauß probieren konnte.

Freitag, 6. November 2009

Haialarm, Linksverkehr und andere Gefahren

Eines der gängisten Vorurteile über Südafrika ist die hohe Kriminalität. In der Tat weisen die Statistiken überdurchschnittlich viele Morde und Raubüberfälle auf, so dass man den Eindruck gewinnen könnte, Südafrika wäre für Touristen und Einheimische ein gefährliches Pflaster. Nach meinen Eindrücken muss dies aber relativiert werden und man kann sich durchaus noch auf die Straße trauen. Ursache der Gewalt sind sicherlich die noch immer gravierenden sozialen Unterschiede. In den Townships liegt die Arbeitslosenquote im Schnitt bei über 20 %. Viele Menschen aus dem ganzen Land und aus viel ärmeren Nachbarstaaten wie Simbabwe kommen nach Kapstadt, in der Hoffnung auf ein besseres Leben und einen Job, oft zum Unwillen der bereits hier lebenden unteren Bevölkerungsschichten. Als Folge brachen Anfang des Jahres in Johannesburg Unruhen aus, die sich gegen die Neuankömmlinge als Konkurrenten richteten und es in die Medien in Deutschland schafften. Ohne Arbeit und soziale Absicherungen bleibt das Bestehlen eines Touristen für Manchen die einzige Möglichkeit, um zu überleben. Der Großteil der Straftaten wird aber in den Townships begangen, die von Gangs beherrscht werden und wo die Polizei sich längst nicht mehr hineintraut. Im Gegensatz dazu werden interessanterweise in Deutschland wesentlich mehr Einbrüche verzeichnet als in Südafrika. Allerdings sind hier die Häuser in den wohlhabenden Gegenden nicht nur mit Alarmanlagen, sondern auch zum Teil mit Stacheldraht oder elektrisch geladenen Zäunen gesichert. Zudem werden private Sicherheitfirmen engagiert, die im Notfall schnell zur Stelle sein können, da der staatlichen Polizei nicht viel Vertrauen entgegengebracht wird. Dies mag sich für europäische Verhältnisse dramatisch anhören. Insgesamt ist man aber relativ sicher und nicht mehr gefährdet als in Städten wie London oder New York, sofern man sich an gewisse Regeln hält. Townships sind auf jeden Fall tabu. In der Stadt kann man sich tagsüber frei bewegen und durch den vermehrten Einsatz von Sicherheitbeamten hat die Kriminalität deutlich abgenommen. Nach Einbruch der Dunkelheit aber sollte man sich abseits von belebten Orten besser nicht mehr zu lange bewegen, sondern mit dem Auto oder Taxi fahren. Geparkt wird möglichst auf den zahlreichen bewachten Parkplätzen, wo ein Parkmarschall meist 2 bis 3 Rand für seine Dienste verlangt, und während der Fahrt hält man das Fahrzeug am besten von innen verschlossen. Insgesamt ist es natürlich ratsam, nicht allzu sehr als Tourist zu erkennen zu sein und nicht sein gesamtes Bargeld umherzutragen. Und im Fall der Fälle ist Ruhe zu bewahren und lieber etwas Geld herauszugeben, mit dem sich der Räuber schnell aus dem Staub machen wird. Aus meinem Haus ist allerdings bisher noch niemanden etwas passiert, obwohl ich schon ein paar andere Leute kennengelernt habe. Trotz allem ist aber auch dort nichts Gravierendes passiert, außer dass sie um ein paar Euro erleichtert worden sind.

Mittlerweile habe ich auch mehr Angst überfahren als ausgeraubt zu werden. Die Verkehrssituation ist schon als etwas chaotisch zu beschreiben. Öffentliche Verkehrsmittel, wie Busse oder Straßenbahnen existieren quasi nicht. Ersetzt werden sie durch zahlreiche Taxiunternehmen oder, als günstigere Variante, Minibusse. Letztere sind Vans mit 10 bis 12 Plätzen, die schon durch ihr Gehupe und lautes Ausrufen des Zielortes überall in der Stadt auf sich aufmerksam machen. Der Preis liegt bei nur 5 Rand pro Fahrt und man kann den Fahrer jederzeit zum Anhalten auffordern. Die Minibusse werden fast ausschließlich von Schwarzen benutzt, aber wenn man von fehlenden Gurten und rasanter Fahrweise absieht, ist es auch für Touristen zumindest tagsüber eine sichere Transportmöglichkeit und eine typische afrikanisches Erfahrung. Als Fußgänger hingegen hat man es auch nicht leicht in der Innenstadt. Die Ampeln zeigen geschätzte alle fünf Minuten grün und dann auch nur so kurz, dass man kaum den gegenüberliegenden Bordstein ohne Laufschritt erreichen kann. Wenn man also nicht Ewigkeiten brauchen will, muss man seine deutsche Regelkonformität schnell über Bord werfen und die Straße überqueren, sobald kein Auto in Sicht ist. Für mich an sich kein großes Problem, da ich mich schon in Frankreich in diese Verhaltensweise gewöhnt habe, allerdings war ich dort im Gegensatz zu hier wesentlich mehr davon überzeugt, dass die Autos auch im Zweifelsfalle wirklich anhalten.
Die Verkehrssituation ist auch eines der großen Probleme der WM nächstes Jahr, denn im Moment kann sich noch keiner richtig vorstellen, wie mehrere Zehntausende Fans mit Minibussen zum Stadion gebracht werden sollen. Als Tipp bleibt nur zu raten, sehr, sehr früh loszugehen.

Da man sich auf öffentliche Verkehrsmittel eher weniger verlassen kann, habe ich mir mittlerweile ein Auto gemietet. Genauer gesagt teile ich es mir mit einem Referendarskollegen. Da wir in der gleichen Kanzlei arbeiten, im selben Guesthouse wohnen und auch sonst relativ viele Sachen gemeinsam unternehmen, war dies für beide eine praktische und kostengünstige Alternative. Das Auto ist zwar ein Modell, das sich in Deutschland sicher kaum jemand kaufen würde, aber erstaunlicherweise sieht man es recht oft auf den hiesigen Straßen. Wenigstens verfügt es auch über Klimaanlage und Servolenkung. Ungewohnt war zunächst auch das Fahren an sich, denn in Südafrika herrscht Linksverkehr. Glücklicherweise handelt es sich um einen Automatikwagen, so dass ich nicht auch noch mit links schalten muss und ich habe mich auch schneller als erwartet daran gewöhnt auf der falschen Straßenseite zu fahren. Selbst dass der erste Blick nach rechts statt nach links geht und der Blinker auf der Scheibenwischerseite ist und umgekehrt, ist mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen. Vermutlich wird es mir in Deutschland erst mal wieder komisch vorkommen, auf der linken Seite zu fahren und ich setze mich, wie hier schon passiert, zunächst gedankenverloren auf den Beifahrersitz. Auch die Vorfahrtsregeln sind nicht immer ganz eindeutig und auf die Frage an unseren deutschstämmigen Autovermieter, was mit der Rechts-vor-Links-Regelung sei meinte er nur: “Sowas gibt es nicht. Dafür sind die Südafrikaner viel zu blöd.”

Das Auto ist natürlich vor allem am Wochenende praktisch für Ausflüge ins Landesinnere oder zur Fahrt zum Strand. Samstag schafften wir es nach langer Zeit endlich einmal uns im Surfen auszuprobieren, denn Südafrika gilt mit seinen zahlreichen Stränden, sonnigen Klima und guten Wind als Surferparadies. Surfen müsste ich dabei eher mit Wellenreiten übersetzen, also ohne Segel, zu dem wir surfen sagen würden. Zu fünft mieteten wir also Surfboards, Neoprenanzug und einen Surflehrer. Nach ein paar Erklärungen und Trockenübungen am Strand ging es dann hinein in die Wellen. Für’s erste Mal haben wir uns, glaube ich, ganz vernünftig angestellt, aber einfach war es nicht. Gar nicht so leicht ist es, die Welle richtig zu erwischen und dann, wenn sie einen weiter trägt, auf dem Board aufzustehen. In den eineinhalb Stunden ist es mir nur einmal richtig gelungen zu stehen und fast bis zum Strand getragen zu werden. Trotzdem war es ein riesen Spaß und wir werden demnächst versuchen, unsere Surffähigkeiten weiter auszubauen.

Eine weitere Unannehmlichkeit beim Surfen ist dabei die Präsenz von Haien in den Gewässern. Glücklicherweise ist uns versichert worden, dass seit Jahren an unserem Strand kein tödlicher Haiangriff mehr stattfand, aber alle paar Tage verirrt sich einer in die Bucht. Zwar sind Menschen entgegen allen Filmklischees keine natürliche Beute für die Meeresräuber, sondern aufgrund unserer vielen Knochen ziemlich unverdaulich. Ein Surfer, der auf seinem Brett liegt und paddelt sieht aber von unten für den etwas blinden Hai wie eine Robbe aus, so dass er in die Versuchung kommen kann, einmal zu zubeißen. Die Gefahr ist dann weniger, dass man gefressen wird, denn der Hai wird seinen Irrtum schnell bemerken, als dass man verblutet. Als Schutz gegen die Bedrohung haben sich die Südafrikaner ein besonderes System einfallen lassen. Auf einem Berg nahe der Küste sitzt ein Beobachtungsposten, der das Wasser im Auge behält. Wenn sich ein Hai der Bucht nähert, ruft er am Strand an und von dort wird mit akustischen Signalen und dem Hissen einer Haiflagge die Gefahr den Surfern signalisiert. Trotz allem wage ich mich daher noch ins Wasser und vertraue darauf, dass im Zweifelsfall einer der anderen zahlreichen Surfer, die weiter draußen als ich als Anfänger schwimmen, eine leichtere Beute für den Hai sind.